ILO – Stress durch neue Technologien

Rund 374 Millionen Menschen werden weltweit jedes Jahr durch die Arbeit krank oder verletzen sich bei Arbeitsunfällen, berichtet die Internationale Arbeitsorganisation ( ILO) und fordert angesichts des sich rasant wandelnden Arbeitsumfelds neue Anstrengungen im Arbeitsschutz.

Jeden Tag sterben geschätzt rund 6.500 Menschen an Krankheiten, die durch ihre Arbeit verursacht wurden, und 1.000 Menschen kommen bei Arbeitsunfällen um. Wachsende Herausforderungen seien Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Krebs sowie Stress und psychosoziale Risiken, so die ILO.

Das gehe unter anderem auf befristete Arbeitsverträge zurück, auf Arbeitgeberforderungen nach mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten und zunehmende Tele- oder Heimarbeit. Arbeitnehmer könnten sich dort isoliert fühlen oder es stressig finden, wenn Arbeit und Freizeit immer weniger klar getrennt sind.

Stress durch neue Technologie

Zu Stress und Gefühlen der Isolation führten manchmal auch smarte Technologie und am Körper tragbare Geräte. Sie könnten zwar helfen, die Sicherheit zu verbessern, etwa, indem sie Ermüdungserscheinungen messen oder die Qualität der Luft, in der jemand arbeiten muss, so die ILO. Aber Mitarbeiter bekämen dadurch auch unter Umständen das Gefühl, die Autonomie über ihre Arbeit zu verlieren, so die ILO. Sie könnten den Kontakt mit Kollegen vermissen, während sie früher mehr Informationen direkt oder per Telefon ausgetauscht haben.

In Deutschland müssen Plätze für Tele-Arbeit eigentlich den gleichen Vorschriften entsprechen wie im Betrieb. Arbeitgeber sind nach der Arbeitsstättenverordnung angehalten, die Arbeitsplätze ergonomisch zu gestalten und ihre Beschäftigten zu unterweisen. Viele Beschäftigte arbeiten aber auch außerhalb dieser gesetzlichen Regelungen von zu Hause oder unterwegs, sagt der Experte Nils Backhaus von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) in Dortmund.

Nach nationalen und internationalen Befragungsdaten sei Home-Office in Deutschland noch nicht so weit verbreitet wie beispielsweise in den Niederlanden oder Dänemark. EU-weit liege Deutschland im unteren Mittelfeld, berichtet der Forscher. Am schwierigsten seien sicherlich Jobs, die komplett von zu Hause erledigt würden. Hier sei die Gefahr der sozialen Isolation am höchsten, auch ergäben sich Probleme in Betrieben, die noch eine ausgeprägte Präsenzkultur pflegten.

Die Chance, Beruf und Privates zu vereinen, berge auch die Gefahr, die beiden Bereiche zu sehr zu vermischen, sagte Backhaus. Im Home-Office würden die Menschen zudem häufig länger arbeiten und die arbeitsmedizinisch sinnvollen Ruhepausen seltener einhalten.

„Intensivierung und Entgrenzung sind die Krux der modernen Arbeitswelt“, erklärte der Vorstand bei der deutschen Gewerkschaft IG Metall, Hans-Jürgen Urban, in Frankfurt. Die Bundesländer als Aufsichtsbehörden versagten beim Gesundheitsschutz: Statt kontinuierlich Aufsichtspersonal zu reduzieren, müsse wieder aufgebaut werden. „Der Bund muss endlich eine Anti-Stress-Verordnung erlassen, um psychische Belastungen bei der Arbeit abzubauen.“ Die meisten Gefährdungen seien schließlich schon lange bekannt.

Auch der rasante Anstieg von Industrierobotern bringt nach Angaben der ILO neue Risiken mit sich. Roboter erleichterten zwar die Arbeit, etwa weil sie schwere Lasten heben. Gleichzeitig bestehe aber die Gefahr von Arbeitsunfällen im Kontakt mit diesen Maschinen.

Behörden, Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten diese neuen Risiken untersuchen und Arbeitsstandards wo nötig verbessern, fordert die ILO. Die Organisation gehört zu den Vereinten Nationen (UNO). Darin sind neben Regierungen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vertreten. Die ILO soll die soziale Gerechtigkeit und Arbeitsrechte verbessern.