Psychotherapiebedarf steigt!

Bedarf an Psychotherapie steigt

Ängste, Depressionen, Burn-out: Immer mehr Menschen leiden laut Experten unter psychischen Erkrankungen. Doch oft werden diese nicht ernst genommen oder tabuisiert. Darauf und auch auf Hilfsangebote wird am Tag der psychischen Gesundheit weltweit aufmerksam gemacht – ebenso wie auf Missstände.

In Grün, der Farbe für seelische Gesundheit, leuchtet am 10. Oktober der Grazer Uhrturm. Auf Plakaten der Stadt wird betont: „Du bist nicht allein.“ Rund 40 Prozent der Menschen in Österreich erkranken laut dem steirischen Landesverband für Psychotherapie einmal im Leben an einer seelischen Erkrankung.

„Sich Hilfe holen, wenn es notwendig ist“

Die Dunkelziffer ist aber weit höher, denn immer noch sprechen viele nicht darüber – vor allem Männer, und das mit Folgen, so der Grazer Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ): „Wenn wir uns die Suizidzahlen in der Steiermark anschauen, ist es so, dass unter den Menschen, die Suizid begehen, 81 Prozent Männer sind. Wir wollen hier jetzt noch viel stärker dazu Unterstützung geben, dass man wirklich über Probleme spricht und sich Hilfe holt, wenn es notwendig ist.“

Hilfe im Krisenfall

Österreichweit gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten. Die Telefonseelsorge ist jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche bietet Rat auf Draht unter 147.

Dazu braucht es auch ein breites Angebot an Therapiemöglichkeiten. Ingrid Jagiello vom steirischen Landesverband für Psychotherapie kritisiert, dass die Therapiekosten für nur rund ein Viertel der Betroffenen zur Gänze getragen werden.

„Zu wenige vollfinanzierte Kassenplätze“

Sie betont: „Nur 26,8 Prozent der Patienten erhalten einen vollfinanzierten Kassenplatz durch die Sozialversicherungsträger. 52,2 Prozent der PatientInnen erhalten eine sogenannte Teilrefundierung, das heißt eine teilweise Rückerstattung der Honorare der PsychotherapeutInnen – und das je nach Kasse und da haben wir auch wieder gravierende Unterschiede – zwischen 33,70 Euro und 45 Euro pro Stunde.“

Der Rest muss von den Patienten und Patientinnen selbst bezahlt werden – doch das ist bei Kosten von 80 bis 160 Euro pro Einheit für viele nicht leistbar – „und nach Covid, da haben wir auch Zahlen dazu, wird der Bedarf sich noch um 20 Prozent mehr erhöhen. Fakt ist: Wir haben zu wenige vollfinanzierte Kassenplätze. Und es ist eine jahrelange Forderung der Berufsverbände, dass man die Kontingentierungen für psychotherapeutische Leistungen abschaffen sollte“, um den steigenden Bedarf zu decken.

Michaela Wambacher von der Plattform Achterbahn im Interview mit Sandra Suppan

Digitale Medien als Herausforderung

Bei Kindern und Jugendlichen geht der Landesverband für Psychotherapie nach der Coronazeit sogar von einem Plus von 30 Prozent aus. Viele Vereine für psychische Gesundheit versuchen mit Treffen gegenzusteuern, so Michaela Wambacher von der Plattform Achterbahn, denn: „Die digitalen Medien sind sicher eine Herausforderung; auch da dazuzugehören. Und gleichzeitig sind die Jugendlichen in ihren Zimmern. Bei maximalen Kontakten über Medien vereinsamen glaube ich viele.“