Psychische Belastungen am Bau: Alles hausgemacht?

Wind und Wetter sind nicht die einzigen Schwierigkeiten auf Baustellen. Auch Zeitdruck, aggressive AnrainerInnen und mangelhafte Kommunikation stressen – und die Digitalisierung lässt auf sich warten.
Stressfaktoren gibt es viele auf der Baustelle. Gezielte Maßnahmen müssen deshalb her!

Pünktlich um sechs Uhr in der Früh fängt es an: das Hämmern und Bohren auf der Baustelle nebenan. Ärgerlich, oder? Na gut, dann steht man also auf, macht sich fertig, um dann erst recht im Stau zu stecken! Und warum? Klar, wegen einer Baustelle, bei der gefühlt nichts weitergeht! Aber muss das denn wirklich sein? Schauen wir uns das einmal aus Sicht der BauarbeiterInnen an.

Arbeitsalltag auf der Baustelle
Die letzte Schicht ging erst vor wenigen Stunden zu Ende. Trotzdem läutet bereits der Wecker. Das Tagespensum für das neue Großprojekt ist gewaltig. Schon bei der Projektplanung kam es zu Verzögerungen, die nun von den ArbeiterInnen aufgeholt werden müssen. Dabei gibt es Bedingungen, an denen man nichts ändern kann, wie die Aushärtungsdauer des Betons oder extreme Wetterbedingungen. Um die Zeit wieder reinzuholen, müssen Extra-Schichten eingeschoben werden – sehr zum Leidwesen der AnrainerInnen, die ihren Ärger wiederum gerne an den einzelnen MitarbeiterInnen auslassen. 

Hinzu kommen noch die Anfeindungen, die viele aufgrund ihrer Nationalität erfahren. Seit der EU-Osterweiterung kommen rund 25 Prozent der BauarbeiterInnen auf Österreichs Baustellen aus dem EU-Ausland. Ein Problem, das daraus resultiert: Sicherheitsunterweisungen werden oft nicht richtig erfasst. Falls nicht überhaupt am ArbeitnehmerInnenschutz gespart wird.

Die Baubranche meidet aktuell noch die Digitalisierung. Nach wie vor werden viele Arbeiten per Hand oder auf Papier ausgeführt. Nur gelegentlich verirrt sich ein Tablet auf die Baustelle. Der Einsatz von Hilfsrobotern, wie sie im Zuge von Industrie 4.0 gerne genannt werden, liegt in weiter Ferne.

Kleine Veränderungen – große Wirkung
Im Zuge des EU-Projektes „Mental Health in Construction Work“, bei dem Arbeitspsychologie Jakl mit dem National Report für Österreich betraut wurde, wurden konkrete Beispiele für ursachenbezogene Maßnahmen gesammelt.

Belastung: Unklare Arbeitsbedingungen zu Beginn einer Baustelle.
Maßnahme: Einführung einer Checkliste, die vor Baubeginn gemeinsam mit neuen Bauherren durchgegangen wird (z. B. Stromanschlüsse, Sanitäranlagen, …). Dies schafft Klarheit für alle Beteiligten.

Belastung: Unausgesprochene Konflikte zwischen BauarbeiterInnen und BüromitarbeiterInnen.
Maßnahme: Aufklärung über die jeweiligen Aufgabenbereiche, um gegenseitiges Verständnis aufzubauen.

Belastung: Sprachliche Probleme bei der Arbeitsschutzunterweisung.
Maßnahme: Einsatz von Sprach-Apps, die die Unterweisung in den jeweiligen Sprachen einfach und schnell ermöglichen.

Manche Belastungen im Baugewerbe sind arbeitsimmanent, manche allerdings nur hausgemacht. An Letzteren kann und sollte jeder Betrieb arbeiten.

Der Report „Mental Health in Construction Work – National Report Austria“ wird voraussichtlich im Dezember 2018 veröffentlicht.

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