(Presse/Katharina Braun) Statistiken belegen es: Psychische Erkrankungen sind in Österreich die häufigste Ursache dafür, dass Menschen arbeitsunfähig werden („Die Presse“ berichtete). 2012 betraf das 9070 Menschen – im Vergleich dazu bezogen „nur“ 3010 Personen aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Invaliditätspension.Das schlägt sich auch auf die arbeitsrechtliche Praxis nieder. Anwälte orten einen erhöhten Beratungsbedarf im Zusammenhang mit psychischen Belastungen in der Arbeitswelt. „Vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – wie gerade jetzt – scheint es, als würde dieser Druck in erhöhtem Maß zu Existenzängsten führen, die dann weitere psychische und körperliche Auswirkungen haben“, meint etwa Rechtsanwältin Simone Liebmann-Slatin von Baker & McKenzie. Laut statistischen Daten würden immer mehr Krankenstände durch die Folgen von Stress oder auch Mobbing verursacht werden. Wobei aber offen bleibe, ob das tatsächlich häufiger zu psychischen Krankheiten führt – oder aber solche aufgrund des höheren Problembewusstseins bloß öfter diagnostiziert werden. Aber, so Liebmann-Slatin: „Diese Fälle verursachen enorme Kosten, da derartige Krankenstände in der Regel sehr langwierig sind.“
Pflicht zur Evaluierung
Der Gesetzgeber hat darauf mit einer Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) reagiert, die seit Jahresbeginn in Kraft ist. Die Prävention arbeitsbedingter psychischer Belastungen werde darin stärker betont, so Teresa Bogensberger, Partnerin bei Eversheds Austria. Konkret wird Gesundheit als physische und psychische Gesundheit definiert, und Gefahren als „arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen“.
„Den Arbeitgeber trifft jetzt außerdem eine ausdrückliche Evaluierungspflicht hinsichtlich arbeitsbedingter psychischer Belastungen“, erklärt die Wiener Rechtsanwältin Kristina Silberbauer. Er hat Gefahren für die psychische Gesundheit von Arbeitnehmern zu ermitteln und zu beurteilen, Belastende Arbeitssituationen auszuforschen und Maßnahmen dagegen auszuarbeiten. „Das wird das Bewusstsein dafür fördern, dass mit ausreichend geheizten und beleuchteten Arbeitsplätzen allein der Fürsorgepflicht noch lange nicht Genüge getan ist“, hofft Silberbauer. Und dass man Überlastungen ernst nehmen müsse: „Nicht jeder ist ein Jammerer.“
Dass mit einer solchen Evaluierung Arbeitspsychologen beauftragt werden können, steht jetzt ebenfalls ausdrücklich im Gesetz. Eine Arbeitsplatzevaluierung hat, so Bogensberger, auch nach Zwischenfällen zu erfolgen, die mit Fehlbeanspruchungen aufgrund von erhöhter psychischer Belastung am Arbeitsplatz im Zusammenhang stehen.
Rechtsanwältin Ulrike Kargl weist außerdem darauf hin, dass Leiharbeiter diesbezüglich jetzt ebenfalls gleiche Rechte wie die Stammbelegschaft haben: „Bei erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen kann man laut Gesetz eine Entschädigung fordern. Bisher konnte das einfach dadurch umgangen werden, dass die Überlassung beendet und das Dienstverhältnis anschließend vom Überlasser gekündigt wurde.“