Managerstress neu erforscht

Studie der Havard Business School – Manager – Arbeit – Stress.

Über jeweils drei Monate hinweg ließen die Forscher die Assistenten der Hauptgeschäftsführer von 27 großen Unternehmen protokollieren, was diese gerade taten: 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, am Arbeitsplatz wie in der Freizeit. An Wochentagen arbeiten sie demnach 9,7 Stunden im Schnitt. 

Die tatsächliche Arbeitszeit von Mitarbeitern wird nur in relativ wenigen Unternehmen erfasst. Überstunden abbummeln zu können, ist der Luxus einer Gruppe, die immer kleiner wird. Berater, Architekten, Werber und Ärzte können darüber nur lachen. Auch in vielen anderen Branchen gehen Unternehmen zur Vertrauensarbeitszeit über. Der Mitarbeiter kann dann arbeiten, wann er will, solange er die vereinbarten Stunden absolviert. Das klingt entspannt, wirkt aber ganz anders. Umfragen zeigen, dass Vertrauensarbeiter jeden Tag länger arbeiten, als sie müssen, weil sie sich nicht nachsagen lassen wollen, dass sie das Vertrauen ausnutzen. Für viele Freiberufler hat die Arbeit sowieso nie ein Ende. Ein Kunde, dem sie heute nicht mehr antworten, geht morgen zum Konkurrenten. Betrachtet man das alles, schnurrt der Zehn-Stunden-Tag der Top-Manager zum Normalmaß vieler anderer Arbeitnehmer zusammen.

Der Job eines Top-Managers schadet auch der Gesundheit nicht, wie oft befürchtet wird. Sie schlafen fast sieben Stunden pro Nacht, zeigt die Studie der Harvard-Forscher. Das ist in etwa die Zeit, die ausreicht, um sich auszuruhen und gesund zu bleiben. Außerdem haben sie jeden Tag zwei Stunden Zeit, um fernzusehen, zu lesen oder Sport zu treiben. Und dann bleiben noch immer drei Stunden für ihre Familien übrig. Niemand will sagen, dass das zu viel ist. Nur ist es auch nicht ungewöhnlich wenig.

Politikern wird oft vorgeworfen, sie redeten viel und täten nichts. Tatsächlich kämen wohl die wenigsten Abgeordneten in Berlin mit einem Zehn-Stunden-Tag aus. Nicht nur Parlamentssitzungen dauern oft bis in die Nacht. Nach einem arbeitsreichen Tag stehen Bürgergespräche und Empfänge an. Wer die Ehrenamtsgala auslässt, die Umweltschützer ignoriert oder dem Hotelverband absagt, riskiert zumindest seinen Leumund in der Gruppe. Top-Manager hingegen gelten ohne Zweifel als Macher. Dabei machen sie selbst eigentlich auch nichts außer zu reden und vor allem zuzuhören – und am Ende dürfen sie entscheiden, ohne Wähler und Koalitionäre überzeugen zu müssen. Wie die Studie zeigt, gehen sie im Schnitt in 37 Meetings pro Woche. Mehr als 70 Prozent ihrer Arbeitszeit machen also Treffen aus, in denen Arbeitnehmer mit den Füßen wippen, weil sie nicht zum Arbeiten kommen.

Wer delegieren kann, ist klar im Vorteil

Je besser Top-Manager ihren Job machen, desto weniger haben sie zu tun. Delegieren ist die Kernkompetenz, die sie beherrschen müssen, um ein einigermaßen entspanntes Leben führen zu können. Hauptgeschäftsführer verlassen sich in aller Regel stark auf das, was ihre obersten Führungskräfte ihnen vortragen, zeigt die Studie. Diese fachlich qualifizierten Manager rackern häufig nicht nur deshalb wie die Verrückten, weil sie sonst abgesägt werden, sondern auch, weil sie irgendwann selbst entscheiden wollen. Nur wenigen gelingt der Aufstieg. Normalen Mitarbeitern geht es noch schlechter. Je besser ihre Ergebnisse sind, desto mehr müssen sie im Zweifel tun – anders als die entspannten Chefs. Normale Mitarbeiter werden im Erfolgsfall noch häufiger beauftragt, weitere Aufgaben zu übernehmen.

Aufgaben, die nicht mit Anerkennung verbunden sind, machen Geschäftsführer nicht. Während Angestellte E-Mails sortieren und Anrufer abwimmeln müssen, erledigen das Assistenten für sie. Während Manager abends nach Hause gehen und das Gefühl haben können, etwas geschafft zu haben, schuften Mitarbeiter den ganzen Tag und fragen sich, ob es jemand gesehen hat. Die 27 Topmanager arbeiteten freilich auch am Wochenende. Knapp vier Stunden pro Tag haben die Assistenten ihnen aufgeschrieben. Allerdings ist nicht protokolliert, dass sie anschließend noch die Fenster geputzt und ihre Autos gewaschen haben wie viele normale Arbeitnehmer.