Personalabbau macht auch den verbleibenden Beschäftigten zu schaffen. Daten aus oberösterreichischen Unternehmen zeigen: Innerhalb von eineinhalb Jahren nach dem Abbau gab es im Schnitt 6,8 Prozent mehr Medikamentenverschreibungen und 12,4 Prozent mehr Krankenhaustage im Quartal.
Alexander Ahammer untersuchte die Effekte mit seinen Kollegen vom VWL-Institut der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz anhand von – anonymisierten – Daten der Sozialversicherung in oberösterreichischen Unternehmen, in denen zwischen 1998 und 2014 ein Personalabbau stattfand. In kleineren Betrieben hieß das fünf Personen, in größeren fünf Prozent des Personals oder 30 Leute – sei es durch Kündigungen oder Entlassungen. So identifizierten sie 43.000 betroffene Arbeitnehmer und verglichen deren Gesundheitsdaten mit Kontrollgruppen, die keinen oder noch keinen Personalabbau erlebt hatten.
Wenig untersuchte Effekte
Der Beweggrund für die Studie war, dass es zwar viel Literatur über Beschäftigte, die ihren Job verlieren, gebe, aber nichts über jene, die im Unternehmen bleiben. Die Nachfrage nach der – noch unveröffentlichten – Studie sei hoch. In einem Folgeprojekt wollen sich die Ökonomen die Effekte eines Personalabbaus auf die Krankenstände noch genauer anschauen.
Die Studie zeigt, dass vor allem Über-40-Jährige stark an gesundheitlichen Folgen leiden, bestätigte Ahammer einen Bericht des „Standard“ im APA-Gespräch, „Jüngere gar nicht“. Die Auswirkungen nehmen schleichend zu und werden mit der Zeit stärker, verdeutlichte der Ökonom. Die Summe der verschriebenen Medikamente war etwa 18 Monate nach dem Personalabbau um 6,8 Prozent angestiegen. Die Krankenhaustage wurden um 12,4 Prozent mehr, „das entspricht 0,02 Tagen im Quartal“, rechnete Ahammer vor.
Also in absoluten Zahlen nicht so viel, aber der prozentuelle Anstieg sei beträchtlich, vor allem bei den Über-40-Jährigen mit 20 Prozent. Die verbleibenden Beschäftigten kamen auf bis zu 18 Prozent mehr Krankenstandstage im Quartal. Für eine durchschnittliche Firma bedeute das zusätzliche Kosten von 94.000 Euro pro Jahr.
Stressbedingte Krankheiten
Vor allem auf Stress basierende Krankheiten nahmen zu, psychische sowie Herz-Erkrankungen und in einem kleineren Ausmaß auch Muskel-Skelett-Probleme. Frauen seien stärker betroffen und auch Arbeitnehmer aus Regionen, in denen hohe Arbeitslosigkeit herrsche oder deren Lebenspartner oder -partnerin weniger verdiene. Denn die im Unternehmen bleibenden Personen fürchten selbst um ihre Arbeit und dadurch spielen „Variablen, die messen, wie hoch die Kosten des Jobverlusts sind“ eine Rolle, erklärte Ahammer die Mechanismen.
Die Schlussfolgerungen der Studie legen Unternehmen nahe, bei einem Personalabbau auch die Gesundheit der verbleibenden Belegschaft zu berücksichtigen. Da die Jobunsicherheit der Hauptgrund für den zunehmenden Stress während eines Personalabbaus sei, könnten Absicherungen oder sogar kurzfristige Jobgarantien die Effekte lindern. Als ein theoretisches Konstrukt, Unternehmen zu effizienteren Entscheidungen in puncto Personalabbau zu bewegen, wird auch eine Steuer auf Entlassungen angeführt. Wobei aber Präventionsmaßnahmen der Vorzug zu geben sei.