Psychoreport 2019 – Fehlzeiten und psychische Indikation

In ihrem „Psychoreport 2019“ hat die Krankenkasse die Fehltage ihrer Versicherten in den vergangenen 20 Jahren ausgewertet. Demnach haben die Krankschreibungen von Arbeitnehmern wegen psychischer Leiden im Jahr 2017 einen Höchststand erreicht. Woran liegt das? Wird unsere Arbeitswelt immer brutaler? Oder macht uns der Alltag heute eher psychisch krank als früher?

Nicht unbedingt, sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm: „Vor allem beim Arzt-Patienten-Gespräch sind psychische Probleme heutzutage kein Tabu mehr.“ Deshalb werde auch bei Krankschreibungen offener damit umgegangen. Diese Einschätzung wird von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) geteilt. Linke, Grüne und der Deutsche Gewerkschaftsbund verweisen dagegen auch auf einen gestiegenen Arbeitsstress als Ursache.

Über den Gesamtzeitraum der DAK-Untersuchung hinweg fehlten Arbeitnehmer am häufigsten wegen der Diagnose Depression. Dahinter folgen sogenannte Anpassungsstörungen – diese treten zum Beispiel nach schweren Schicksalsschlägen auf oder nach einschneidenden Veränderungen im Leben. Danach kommen neurotische Störungen und Angststörungen. Burn-out spielt kaum eine Rolle. Seit 2012 habe diese Diagnose im Krankheitsgeschehen deutlich an Relevanz verloren, heißt es.

Unumstritten sei, dass die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen einen wesentlichen Anteil am Anstieg der Krankmeldungen habe, sagte eine DGPPN-Sprecherin. „Dass heutzutage offen über psychische Erkrankungen gesprochen werden kann, ist aus Sicht der DGPPN sehr zu begrüßen.“ Der Verband fordert allerdings mehr Früherkennung und Prävention, denn die meisten psychischen Erkrankungen manifestierten sich bereits in den ersten Lebensjahrzehnten.

Burn-out und Co.

Dass es nur daran liegt, dass die Leute heute psychische Probleme eher zugeben, glaubt Jutta Krellmann, die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, nicht. Ihrer Ansicht nach ist das Berufsleben stressiger geworden. „Viele Beschäftigte können ein trauriges Lied davon singen. Das darf nicht heruntergespielt werden“, sagte sie. Krellmann forderte eine Anti-Stress-Verordnung und entsprechende Arbeitsschutzkontrollen in den Unternehmen.

 So eine Verordnung fordert auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte: „Der Gesetzgeber muss endlich handeln und darf nicht weiter tatenlos zusehen, wie Millionen Beschäftigte durch schlechte Arbeitsbedingungen einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind.“ Eine Umfrage im Auftrag der Versicherung Swiss Life hatte kürzlich ergeben, dass sich fast zwei Drittel der arbeitenden Bevölkerung im Job gestresst fühlen.